Entlassmanagement bereits im Krankenhaus
Wer aus dem Krankenhaus entlassen wird, steht oft sehr hilflos da. Keine Medikamente, keine Therapieverordnung, keine Hilfsmittel und der behandelnde Arzt hat keine Sprechstunde. Das ist seit Mitte 2017 mit dem neuen Überleitungs- und Entlassmanagement anders geworden. Die Versorgungslücke wurde zumindest rechtlich geschlossen. Jetzt können Krankenhäuser Verordnungen für Hilfsmittel, Arzneien, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen usw. ausstellen, so dass der Patient für die nächsten 7 Tage versorgt ist.
Welche Vorteile hat das neue Entlassmanagement?
Das neue Entlass- und Überleitungsmanagement soll für die Patienten nach der Entlassung aus einem voll- oder teilstationären Klinikaufenthalt eine bedarfsgerechte Versorgung gewährleisten. Dazu gehört unter anderem, dass Verordnungen für Hilfsmittel erteilt, häusliche Pflege organisiert oder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder Medikamentenrezepte usw. ausgestellt werden können.
Bisher waren diese Leistungen den behandelnden Haus- und Fachärzten vorbehalten. Die Patienten standen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus vor dem großen Problem, nicht über notwendige Medikamente, Hilfsmittel, usw zu verfügen. Oftmals hatte der behandelnde Arzt keine Sprechstunden und die Patienten mussten sehen, wo Sie alles Nötige für die Behandlung zu Hause herbekamen.
Die Vereinbarungen zu dem neuen Entlassungsmanagement gelten für alle Personen, die voll- oder teilstationär im Krankenhaus behandelt wurden.
Welche Hilfen können über das Entlassmanagement verordnet werden?
Das Entlassmanagement ist patientenorientiert und damit sehr flexibel. Der behandelnde Krankenhausarzt entscheidet in enger Abstimmung mit dem Patienten, welcher Hilfe- und Unterstützungsbedarf nötig ist. Das Krankenhaus muss den Patienten darüber informieren, welche Versorgungsmöglichkeiten (wie z.B. ein Kur- oder Rehaaufenthalt, eine Kurzzeitpflege, notwendige Hilfsmittel usw.) nach dem Krankenhausaufenthalt angebracht sind. Auch diese Versorgungsmöglichkeiten sind wieder individuell auf den Patienten abgestimmt.
So kann zum Beispiel das Krankenhaus empfehlen, dass der Patient nach der Entlassung übergangslos in eine Kurzzeitpflege kommt, wenn die häusliche Pflege nicht für eine adäquate Versorgung ausreichen würde.
Am Tag der Entlassung muss eine nahtlose Überleitung des Patienten in die Anschlussversorgung gewährleistet sein. Dies setzt oftmals schon eine längere Entlassplanung während des Krankenhausaufenthaltes voraus. So muss zum Beispiel schon im Vorfeld die häusliche Versorgung des Patienten geklärt sein.
Je nach Pflegebedürftigkeit und Hilfebedarf müssen nun Hilfsmittel, Medikamente usw. in ausreichendem Maße vom Krankenhaus verordnet werden. Damit wurde das Verordnungsrecht der Kliniken erweitert. Demnach werden die Kliniken und Krankenhäuser verpflichtet, am Tag der Entlassung folgende Bereiche organisiert zu haben.
Rezept für Medikamente sowie Verband- und Heilmittel
Der Klinikarzt kann Medikamente sowie Verband- und Heilmittel für einen begrenzten Zeitraum verordnen. Mit diesen Entlass-Rezepten sollen die nächsten 7 Tage nach der Entlassung aus dem Krankenhaus überbrückt werden.
Verordnung von Hilfsmittel nach der Krankenhausentlassung
Im Rahmen des Entlass- und Überleitungsmanagements müssen für den Versicherten mit der Entlassung alle Hilfsmittel verordnet werden, die für den Patienten unmittelbar nach der Entlassung notwendig sind.
Ein Beispiel: Angenommen, ein Patient hatte sich bei einem Autounfall so schwer an den Beinen verletzt, dass er ohne fremde Hilfe oder Hilfsmittel nicht mehr gehen kann. Aufgrund seiner Verletzungen sind bei der Entlassung aus dem Krankenhaus Gehhilfen (z.B. Krücken) notwendig. Dann muss der Krankenhausarzt eine Verordnung für die Gehhilfen ausschreiben.
Das sind natürlich große Erleichterungen für die pflegebedürftigen Menschen als auch für die Pflegenden. Jetzt muss nach der Entlassung nicht erst ein Hausarzt aufgesucht werden, der eine Verordnung für die Hilfsmittel ausschreibt. Ziel ist es, dass die komplette Nachsorge von einer Stelle aus (dem Krankenhaus) organisiert und in die Wege geleitet wird.
Hilfsmittel, welche zum längerfristigen Gebrauch benötigt werden wie z.B. Pflegebetten oder Hilfsmittel die speziell angepasst werden müssen, muss weiterhin der Hausarzt/Facharzt verordnen.
ACHTUNG: Die vom Krankenhaus ausgestellte Verordnung für Hilfsmittel verliert nach 7 Kalendertagen ihre Wirksamkeit, wenn bis dahin das Hilfsmittel nicht abgerufen wurde.
Verordnung von zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln
Bei „Zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln“ handelt es sich um folgende Produkte:
- Bettschutzeinlagen
- Einmalhandschuhe
- Fingerlinge
- Flächendesinfektionsmittel
- Händedesinfektionsmittel
- Mundschutz
- Schutzschürzen
Diese Pflegehilfsmittel sind hauptsächlich für die Hygiene der Pflegenden um sich zu schützen und um keine Infektionen weiter zu tragen.
Das Krankenhaus muss bei Bedarf einen Vorrat von zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln für 7 Tage verordnen. Dieser Versorgungszeitraum ist meist ausreichend, um die Zeit nach dem Klinikaufenthalt zu überbrücken, bis vom Hausarzt eine weiterführende Verordnung ausgestellt wurde.
Auch diese Verordnung für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel erlischt nach 7 Tagen, wenn sie nicht bei einem Hilfsmittellieferanten (Apotheke, Sanitätshaus) eingereicht wurde.
Verordnung einer Haushaltshilfe
Der Krankenhausarzt prüft, ob nach der Entlassung eine Haushaltshilfe benötigt wird. Bei Bedarf wird diese von der Krankenkasse für einen bestimmten Zeitraum bezahlt. Die Haushaltshilfe erledigt den Haushalt und betreut evtl. im Haushalt lebende Kinder.
Um eine Haushaltshilfe genehmigt zu bekommen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.
Verordnung von häuslicher Krankenpflege
Häusliche Krankenpflege ist nicht zu verwechseln mit häuslicher Pflege. Häusliche Krankenpflege erhalten Menschen mit und ohne Pflegegrad. Häusliche Pflege hingegen nur Menschen mit einem Pflegegrad.
Das bedeutet, dass auch Menschen ohne Pflegegrad nach der Entlassung aus dem Krankenhaus durch einen Pflegedienst im häuslichen Umfeld Pflege erhalten können.
Verordnung einer außerklinische Intensivbetreuung
Schwerkranke Menschen die auf eine umfangreiche Apparatemedizin angewiesen sind, möchten nicht immer nur im Krankenhaus sein müssen. Es gibt mittlerweile die Möglichkeit, diese Menschen nach Hause entlassen zu können, um dort über einen speziellen außerklinischen Intensivpflegedienst betreut werden zu können.
Verordnung einer spezialisierten ambulanten Palliativversorgung
Menschen die im Sterben liegen, brauchen oft eine umfangreichere und intensivere Betreuung als andere Patienten. Dies kann auf der normalen Krankenhausstation oft nicht geleistet werden. Zumal viele Menschen nicht im Krankenhaus sondern zu Hause sterben möchten. Deshalb kann diesen Patienten und ihren Angehörigen angeboten werden, dass der Patient in eine Palliativversorgung übergeleitet werden kann.
So kann zum Beispiel im häuslichen Umfeld mit einem auf Sterbebegleitung spezialisierten Palliativpflegedienst die Pflege bis zum Tod durchgeführt werden.
Verordnung einer Soziotherapie
Menschen, die aus psychischen Gründen nicht mehr in der Lage sind, Ihren Alltag zu bewältigen, kann eine Soziotherapie Hilfe und Unterstützung bieten. Ziel ist es, den erkrankten Menschen wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Auch hier ist es notwendig, dass gleich nach der Entlassung aus dem Krankenhaus eine übergangslose Anschlussbehandlung gewährleistet ist.
Entlassung in die häusliche Pflege
Auch das gehört zum Entlassmanagement: Wird ein Patient, der nach der Klinikentlassung noch weiterhin betreut und gepflegt werden muss, nach Hause entlassen, muss die häusliche Pflege sichergestellt sein. Das heißt, es muss jemand da sein, der sich um die Pflege kümmert, der die häusliche Pflege organisiert und durchführt. Evtl. muss ein ambulanter Pflegedienst, Hilfsmittel wie zum Beispiel ein Pflegebett oder ein Rollator usw. organisiert werden. All das muss vor Überleitung in die häusliche Pflege geregelt sein.
Lese-TiPP: Diese Unterstützungen erhalten Sie für die häusliche Pflege
Überleitung nach der Krankenhausentlassung in eine Kurzzeitpflege
Ist die häusliche Pflege nicht sichergestellt oder wird einfach mehr Pflege benötigt als zu Hause von den pflegenden Angehörigen geleistet werden kann, ist auch eine Überleitung in eine Kurzzeitpflege möglich.
Kurzzeitpflege erfolgt prinzipiell in einer Pflegeeinrichtung, also einem Seniorenheim/Pflegeheim und nicht zu Hause. Diese Heime werden oft auch Kurzzeitpflegeheime oder Kurzzeitpflegeeinrichtungen genannt, obwohl es im Normalfall reguläre Pflegeheime sind.
Um Kurzzeitpflege zu bekommen, ist es mittlerweile nicht mehr zwingend notwendig, dass ein Pflegegrad vorliegt. Besteht die Notwendigkeit, ist die Kurzzeitpflege ohne Pflegegrad genehmigungsfähig.
Überleitung nach der Klinikentlassung in ein Pflegeheim
Kam der Patient bereits von einer Pflegeeinrichtung und wird nach dem Krankenhaus wieder in das Pflegeheim entlassen, muss das Krankenhaus die Pflegeeinrichtung rechtzeitig über den Entlasstermin benachrichtigen.
Steht schon während dem Krankenhausaufenthalt fest, dass der pflegebedürftige Mensch nicht mehr ins häusliche Umfeld zurück entlassen werden kann, erfolgt eine Pflege-Überleitung in ein Pflegeheim.
Überleitung nach der Klinikentlassung in eine Rehamaßnahme
Eine weitere Möglichkeit nach einem Krankenhausaufenthalt ist die Überleitung in eine Rehabilitation.
Prinzipiell gilt: Reha vor stationärer Pflege. Das heißt, es soll versucht werden, den Patienten in einer Reha so zu stabilisieren, dass er wieder in das häusliche Umfeld entlassen werden kann und nicht in ein Pflegeheim eingewiesen werden muss.
Beantragung eines Pflegegrades
Wurde im Krankenhaus festgestellt, dass eine Pflegebedürftigkeit vorliegt, kann schon während des Krankenhausaufenthalts veranlasst werden, dass ein Pflegegrad beantragt wird. Es erfolgt dann (zu Hause) eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK). Die Pflegekasse entscheidet dann über die Einstufung in einen Pflegegrad oder über eine Ablehnung des Antrags auf Pflegeleistungen.
Entlassungsgespräch
Wird ein Patient aus der vollstationären/teilstationären Unterbringung entlassen, findet ein Entlassgespräch zwischen dem Patienten und dem behandelnden Klinikarzt statt.
Bei dem Entlassgespräch wird nochmals alles besprochen was in die Wege geleitet wurde und dem Patienten die notwendigen Verordnungen, Entlasspapiere, usw. ausgehändigt. Dazu gehören:
- Entlassungsbrief vom Krankenhaus an den behandelnden Arzt: Der behandelnde Krankenhausarzt muss dem weiterbehandelnden Vertragsarzt oder der übergeleiteten Reha-Einrichtung usw. im Entlassbrief unter anderem mitteilen, welche Verordnungen ausgestellt wurden.
- Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Ist der Patient berufstätig, kann aber im Moment seine Arbeit nicht aufnehmen, kann das Krankenhaus eine Bescheinigung auf Arbeitsunfähigkeit für längstens 7 Kalendertage ausstellen. Sollte danach noch eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung notwendig sein, muss diese vom Haus- oder Facharzt ausgestellt werden.
- Medikationsplan: Nicht nur ein Rezept für alle notwendigen Medikamente oder Verordnungen für Hilfsmittel usw. werden dem Patienten am Entlassungstag ausgehändigt, sondern auch ein Medikationsplan, aus dem genau ersichtlich ist, zu welchen Zeiten welches Medikament in welcher Dosis genommen werden muss. Oftmals lag schon ein Medikamentenplan für den pflegebedürftigen Menschen vor. Jetzt muss dieser ausgetauscht werden, denn nach einem Krankenhausaufenthalt ändert sich häufig die Medikation.
Informationspflicht des Krankenhauses
Das Krankenhaus ist verpflichtet, die weiterbehandelnden Ärzte, Pflegeeinrichtungen usw. über die notwendige Anschlussversorgung zu unterrichten.
Der Pflegeeinrichtung ist der Entlasstermin mitzuteilen.
Antragsverfahren
Die Klinik muss, falls notwendig und in Absprache mit dem Patienten, entsprechende Anträge für häusliche Krankenpflege, Haushaltshilfe, Palliativpflege und außerklinische Intensivpflege, Rehabilitation, Pflegegrad usw. bei der Krankenkasse stellen.
Das bringt für die Patienten und deren Angehörigen sehr große Vorteile, denn viele wären mit dem Ausfüllen der Formulare und Anträge überfordert. Außerdem ist oft gar nicht bekannt, welche Leistungen dem Patienten zustehen.
Alle Verordnungen gelten in der Regel 7 Kalendertage. Damit ist gewährleistet, dass der Patient zu Hause genügend Zeit hat, sich alle weiteren notwendigen Verordnungen usw. für eine langfristigere Behandlung selbst zu beschaffen.
Fazit und TIPP
Ein Großteil dieser Aufgaben wird vom Sozialdienst der Klinik übernommen. Manchmal wird jedoch vom Klinikpersonal einfach vergessen, den Sozialdienst einzuschalten (das habe ich schon persönlich erlebt). Sprechen Sie rechtzeitig das Klinikpersonal darauf an, wie es nach dem Krankenhausaufenthalt weitergehen soll, welche Planungen vorgesehen sind und dass Sie – wenn notwendig – gerne ein Gespräch mit dem Sozialdienstmitarbeiter hätten, um über das weitere Vorgehen nach der Klinikentlassung zu sprechen.
Rechtliches
Das Entlassmanagement ist Teil des „Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung“ (Versorgungsstärkungsgesetz).